Gas im Kosmos, Gas im Computer

Das Universum enthält ja so manches zwischen den beiden Extremen Vakuum und Schwarzen Löchern.  Man findet elementare Teilchen, z.B. in der kosmischen Strahlung, Magnetfelder auf allen Skalen, Gas in atomarer, ionisierter und molekularer Form, Staub, Felsbrocken, Planeten und Monde, Sterne… All das ballt sich dann zu immer größeren Strukturen zusammen, bis hin zu Galaxien und Galaxienhaufen. Dazu kommen Gravitationswellen und die bisher nur indirekt nachweisebare  Dunkle Materie und die Dunkle Energie, welche die beschleunigte Expansion des ganzen Universums bewirkt.

Für ein funktionierendes Universum brauchen wir dann noch die vier Grundkräfte, welche die zuvor aufgezählten Materieformen in Bewegung und Wechselwirkung  versetzen.

Vieles davon kann man dank schneller Computer und leistungsfähiger Software modellieren und berechnen. Beispiele dafür hab ich schon öfter gebracht. Heute soll es mal um Gas in Form von Wolken und Sternen(= Gaskugeln) gehen.

Eine Teilung  in theoretische und experimentelle  Physik funktioniert in der Astrophysik nicht, da wir hier nicht experimentieren können.

Die Erforschung des Kosmos teilte man hier klassisch  zwischen Theorie und Beobachtung auf. Seit längerem gesellt sich hierzu die “Computational Astrophysics” als Bindeglied.  Physikalische Gesetze werden hier mit Methoden der numerischen Mathematik kombiniert, um Modelle für beobachtbare Geschehnisse in Raum und Zeit zu erstellen und die Vorgänge so berechenbar zu machen.

Das Verhalten von Gas unter Einwirkung von Kräften wird in der Physik  von der Hydrodynamik behandelt. Wir brauchen für die folgenden Modelle von z.B.  “Molecular Clouds” und Supernovaexplosionen noch die Gravitation als treibende Kraft.

Molekülwolke und Sternentstehungsgebiet M16, alte H-alpha Aufnahme aus 2003
Molekülwolke und Sternentstehungsgebiet M16, alte H-alpha Aufnahme aus 2003
vdB142 auch aus 2003
vdB142 auch aus 2003

Das Hydrodynamik in den Computermodellen wird als sogenannte “Smoothed Particle Hydrodynamics” (SPH) programmiert. Wie in der Vergangenheit benutze ich hierfür Python und Amuse, genauer gesagt den Code Gadget2, der durch die Millenium-Simulation des gesamten Universums bekannt wurde.

Nirgendwo im Universum ist es mit 10-30K so schweinekalt wie im inneren von großen Molekülwolken, die hauptsächlich aus H2-Molekülen bestehen und bis zu 1 Million Sonnenmassen schwer sein können. Sie erreichen dabei einen Durchmesser von 200pc etwa 4000 solcher Wolken sind schätzungsweise in unserer Galaxis versammelt.

Neben den üblichen Koordinaten x,y,z und vx,vy,vz haben die SPH-Teilchen auch eine Koordinate für die innere Energie (Wärme). Man kann somit den Kollaps beinflussen indem wir z.b. für 10-20% der tief im Inneren der Wolke verborgenen Teilchen, eine Abkühlung oder einen Aufheizung erzwingen. Wenn wir also eine weitere  künstliche Abkühlung herbeiführen sollte sich der Kollaps beschleunigen.

Als erstes Beispiel habe ich ein kurzes Video produziert, das den Kollaps einer großen Molekülwolke zeigt. In ihrem Inneren kommt es im späteren Verlauf zur Bildung einer großen Anzahl von neuen Sternen. Solange rechen wir hier nicht. Die physikalischen Details sind auch noch nicht gut verstanden.

Eine Aufheizung in solch einem Sternentstehungsgebiet (z.B. Orionnebel) ergibt sich ganz natürlich, wenn die ersten  großen Sterne aufflammen. Wir erhöhen hier künstlich die innere Energie und sehen was passiert.

Im folgenden Bild und dem anschließenden Video sieht man was geschieht, wenn zwei Molekülwolken fragmentieren und kollidieren.

 

Weil es so schön ist zeige ich noch ein weiteres Video von der Verschmelzung dreier Wolken.

Zum Abschluß noch ein Trick, mit dem man einem massiven Stern von, sagen  wir mal 15 Sonnenmassen explodieren lassen kann:

Man entwickle den Stern soweit fort, bis das in seinem Innersten ein ordentlicher Eisenkern entsteht, was typischerweise 1500 bis 2500 1d-Modellrechnungen erfordert. Das letzte dieser Modelle wird dann in eine Kugel aus SPH-Teilchen konvertiert.In den Eisenkern von ca. 3000km Durchmesser injizieren wird dann eine Energie von etwa 10**51 erg. Das entspricht der frei werdenden Energie, die durch den Gravitationskollaps zur Verfügung gestellt wird. Der Stern kann mit nichts mehr dagegenhalten. Er explodiert als Type-II-Supernova. Das zuvor konvertierte dreidimesionalen Sternmodell kann dabei auch schön unsymmetrisch explodieren.

 

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