4 alte Sternhaufen und ihre FHDs

Wenn man einen schnellen Computer hat, entsteht gelegentlich ein gewisser Stress, wenn sich die Frage erhebt: “Was rechne ich denn jetzt mal aus?” –  Ich bin vor einiger Zeit auf ein interessantes Farben-Helligkeits-Diagramm im alten Unsöld [1] gestoßen, das Meßwerte von 3 bekannten  Kugelsternhaufen und einem alten offenen Sternhaufen im Vergleich zeigt.

Frage: “Kann ich die Daten mittels Sternentwicklungscodes auch  ausrechnen?”

Sicherlich kein leichtes Unterfangen, bestehen die großen Kugelsternhaufen doch aus Millionen Sternen.

Da wir gerade das Thema FHD, (englisch: Color-Magnitude-Diagram, CMD) in den Beiträgen über die Plejaden hatten, zeige ich hier was ich dabei rausbekommen habe.

Farben-Helligkeits-Diagramme oder die äquivalenten Hertzsprung-Russell-Diagramme sind mit Sicherheit die wichtigsten Diagramme der Astrophysik. – Die von alten Sternhaufen sehen sich auf den ersten Blick immer ziemlich ähnlich.

Von unten rechts schiebt sich diagonal noch ein Stück der Hauptreihe ins Bild, um dann aber schnell nach rechts ins Gebiet der Unterriesen und dann aufwärts ins Gebiet der Riesen abzuknicken.

Die heißen nicht umsonst so, wie die folgende Überlegung zeigt: Wer als Stern weit rechts im Diagramm liegt, ist ziemlich kühl. Da die Leuchtkraft mit der 4. Potenz der Temperatur variiert, ist das also eine ganz wichtige Zustandsgröße.
Beispiel: Ob 3000K und 30000K Oberflächentemperatur macht einen Unterschied von 10000 in der Helligkeit!!!

Wer dann trotzdem als kühler Stern am oberen Rand des Diagramms kratzt, muß  wohl einen gewaltigen Radius haben, um so leuchtstark zu sein, daher der Name Roter Riese.

Umgekehrt gilt es genauso. Wer 30000K oder heißer ist und trotzdem ganz unten links im Diagramm liegt ist ein weißer (heißer) Zwerg.

Anhand der beiden folgenden Beispieldiagramme kann man sich das klar machen.

Im obigen Diagramm des Kugelsternhaufens M55, kann man sich den Zusammenhang zwischen der effektiven Oberflächentemperatur und dem Farbindex (B-V) klarmachen. Links sind die absoluten Helligkeiten, rechts die Leuchtkräfte der Sterne in Bezug auf die Sonne (Mv = 4.77 mag) zu sehen.

Hier sind auf der x-Achse Teff, Farbe und Spektraltyp der Sterne zu ermitteln.  Diagonal von links unten nach rechts oben verlaufende Geraden geben die Position gleicher Radien an.

Entgegen jeder sonstigen Konvention ist die Temperaturskala hier andersherum orientiert. Trotzdem eine gute Darstellung der Sachverhalte, wenngleich die Radien der Sterne nicht im richtigen Verhältnis gezeigt werden (können).

Es folgt  das eingangs erwähnte Diagramm aus dem Buch.

Hier das Ergebnis der Rechnereien.

Pro Sternhaufen wurden ca. 20000 Sterne (NGC188 9000) in ihrer Entwicklung verfolgt und die endgültigen, altersgemäßen Werte für Temperatur==Farbe und Helligkeit ins Diagramm eingetragen.  Das Problem ist natürlich sehr gut zu parallelisieren, man profitiert somit von einer Programmierung in CUDA.

Für den Vergleich werden absolute Helligkeiten benutzt, d.h. die Objekte befinden sich alle in einer Entfernung von 10 Parsec. Für M92 wurde hier ein Alter von 12.7 Gyr, für M3 von 12.4 Gyr, für 47Tuc von 11.75 Gyr  und für NGC188 von 6.4 Gyr angenommen. Die IMF ist vom Typ Kroupa.

Die in Abb. 9.8 angegebenen Werte für [Fe/H] wurden in entsprechende Z-Werte umgerechnet (2. Zahl der Bezeichnung der Kurven). – In der Astrophysik wird mit Metallen (Z) alles bezeichnet, was nicht Wasserstoff oder Helium ist.

Es zeigte sich, daß die angegebenen Werte kombiniert mit Altersangaben aus Wikipedia keine gute Übereinstimmung zwischen den Messungen aus 9.8 und den Rechnungen ergaben. Die hier gezeigten [Fe/H]-Werte stammen von Simbad, die obigen Altersangaben von Baumgardt. Für die Haufen in der vorherigen Abfolge:

M92      M3     47Tuc  NGC188
_________________
-2.31, -1.55   -0.75    0.12

In den letzten Jahren hat man in zahlreichen Kugelsternhaufen mehr als eine Generation von Sternen gefunden. Viele Supernovaexplosionen und kräftige Sternwinde haben offensichtlich den Metallgehalt nachfolgender Generationen deutlich erhöht.Hier noch ein HRD von 14 Kugelsternhaufen aus dem angegebenen Paper.

Quelle: https://www.researchgate.net/publication/324756174_Gaia_Data_Release_2_Observational_Hertzsprung-Russell_diagrams
Quelle: https://www.researchgate.net/publication/324756174_Gaia_Data_Release_2_Observational_Hertzsprung-Russell_diagrams

Mehr zum Thema im folgenden Video.

Wer Englisch versteht und sich den folgenden Vortrag entgehen läßt, ist selber schuld 🙂

 

[1]  A. Unsöld, B. Baschek, Der Neue Kosmos, Springer-Verlag, 6. Auflage, S.333