Der Twin-Quasar QSO 0957+561 A/B

QSO 0957+561 A  und QSO 0957+561 B sind die beiden Komponenten eines doppelt abgebildeten Quasars im Sternbild Großer Wagen. Hier sorgt eine auf dem Weg zu uns liegende Massenkonzentration dafür, dass das Licht so gekrümmt wird, dass zwei Bilder des Quasars am Himmel erscheinen.

Das Phänomen wird als Gravitationslinseneffekt bezeichnet und ist eine Folge der Einsteinschen Raumzeitkrümmung. Ich zeige hier, wie man seine Rotverschiebung mißt.

Die Quasare QSO 0957+561A/B wurden  1979 von einem anglo-amerikanischen Team um Dennis Walsh, Robert Carswell und Ray Weyman mit Hilfe des 2,1-m-Teleskops am Kitt Peak National Observatory in Arizona/USA entdeckt. Dem Team fiel auf, dass die beiden Quasare ungewöhnlich nahe beieinander liegen und dass ihre Rotverschiebung und ihr Spektrum erstaunlich ähnlich waren. Sie veröffentlichten ihren Fund mit dem Hinweis, dass es sich um zwei Bilder desselben Objekts handeln könnte, die durch eine Gravitationslinse entstehen.

Der Quasar liegt 10 Bogenminuten nördlich von NGC 3079.

NGC3079. QSO oben rechts.
Zoom, QSO oben rechts im Bild.
Twin Quasar gesehen vom Hubble Space Teleskop
Twin Quasar gesehen vom Hubble Space Teleskop
Zoom
Zoom

Einstein hatte den Effekt als Folge seiner Allgemeinen Relativitätstheorie von 1916 beschrieben, obwohl er in einem Aufsatz von 1936 auch voraussagte: “Natürlich gibt es keine Hoffnung, dieses Phänomen direkt zu beobachten.”  –  Es ist doch erstaunlich wie oft der Mann sich immer wieder irrte.

Kritiker stellten jedoch einen Unterschied im Erscheinungsbild der beiden Quasare auf Radiofrequenzbildern fest. Mitte 1979 wurde am VLA (Very Large Array) in der Nähe von Socorro, New Mexico/USA, ein relativistischer Jet, der aus dem Quasar A hervorgeht entdeckt, ohne eine Entsprechung im Quasar B zu zeigen. Außerdem war der Abstand zwischen den beiden Bildern, mit 6 Bogensekunden, zu groß, um durch die Gravitationswirkung der Galaxie G1, die in der Nähe von Quasar B identifiziert wurde, entstanden zu sein.

Nur Komponente A zeigt den Jet bei 6cm Wellenlänge.
Nur Komponente A zeigt den Jet bei 6cm Wellenlänge.
Very Large Array (VLA)
Very Large Array (VLA)

Man  entdeckte kurz darauf, dass die Galaxie G1 Teil eines Galaxienhaufens ist, der die gravitative Ablenkung verstärkt und den beobachteten Abstand zwischen den Bildern erklären kann. Schließlich beobachtete ein Team unter der Leitung von Marc V. Gorenstein 1983 mit VLBI im Wesentlichen identische relativistische Jets auf sehr kleinen Skalen sowohl von A als auch von B.

____________________________________________

VLBI bedeutet Very Long Baseline Interferometry, hier stehen die zusammengeschalteten Teleskope nicht nur ein paar Kilometer auseinander wie bei VLA, sondern auf verschiedenen Kontinenten und erzielen so eine wesentlich höhere Auflösung.

Die recht komplizierte Technik hatte ich schon mal beschrieben:

Wie man mit ALMA Bilder macht – Teil 1

 

____________________________________________

Der Unterschied zwischen den großräumigen Radiobildern wird auf die besondere Geometrie zurückgeführt, die für Gravitationslinsen erforderlich ist und die vom Quasar erfüllt wird, aber nicht von allen ausgedehnten Jet-Emissionen, die von der VLA in der Nähe von Bild A gesehen wurden.

Credit Peter Schneider, IAEF

Der Quasar zeigt eine Rotverschiebung von z = 1,41 (ca. 9.2 Milliarden Lichtjahre), während sich die linsenförmige Galaxie bei der Rotverschiebung z = 0,355 (3,943 Milliarden Lichtjahre) findet. Die Linsengalaxie mit einer scheinbaren Ausdehnung von 0,42×0,22 Bogenminuten liegt fast in einer Linie mit dem B-Bild und ist um eine Bogensekunde versetzt.

Bei der großen Distanz des Quasars wäre es ein Zufall, wenn nicht noch andere Galaxienhaufen auf dem Weg zu uns durchquert würden. Tatsächlich wurden weitere mit einer Rrotverschiebung von 0.5 und 0.9 gefunden.

Die beiden Bilder des Zwillingsquasars sind durch 6 Bogensekunden voneinander getrennt. Beide Bilder haben eine vergleichbare Helligkeit. Die A-Komponente zeigt 16,7 mag und die B-Komponente 16,5 mag. Zwischen den beiden Bildern liegt eine Zeitversatz von 417 ± 3 Tagen.

Credit Peter Schneider, IAEF
Credit Peter Schneider, IAEF

Das Linsensystem QSO 0957+561 wurde in allen Wellenlängenbereichen (von Radio bis Röntgen) beobachtet; die beiden Bilder des Quasars sind sich bei allen λ sehr ähnlich – wie das auch sein sollte.

Leichte spektrale Unterschiede zwischen Quasar A und Quasar B lassen sich durch unterschiedliche Dichten des intergalaktischen Mediums in den Lichtwegen erklären, die zu einer unterschiedlichen Extinktion führen.

Sie werden heute auch als Mikrolinseneffekte interpretiert und erlauben Details in den innersten Strukturen des Quasars, wie der Akkretionsscheibe, das Magnetfeld und die Jets zu studieren.

auf der Basis langjähriger beobachtungen, zieht Rudy E. Schild vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, die Existenz
eines supermassiven Schwarzen Lochs im Zentrum des Qusars in zweifel.

Stattdessen soll ein exotisches „Magnetospheric Eternally Collapsing Object“ oder kurz MECO seine Rolle einnehmen.

Nun, was ist jetzt großartig an dem Objekt?

Na ja, es war das Erste, das entdeckt wurde. Vorher waren Gravitationslinsen nur Theorie, über die nur Wenige nachdachten.

Wichtig ist auch, dass der Laufzeitunterschied von 417 Tagen gefunden wurde.

Dann, ist es eines meiner Lieblingsobjekte.

Vor 20 Jahren hab ich mit einem kleinen Fernrohr dieses Bild gemacht.

Erstaunlich wie wenig es braucht, um die durch die Gravitation eines Galaxienhaufens verursachte Verzerrung von Raum und Zeit und die enorme Lichtverstärkung des entfernten Objekts nachzuweisen. Als dieses Licht den halben Weg zu uns zurückgelegt hatte, entstanden unsere Sonne und die Erde GERADE!!!

Das alles mit eigenem Fernrohr zu beobachten, zuzusehen, wie die Allgemeine Relativitäts Theorie am Werk ist!

Das ist großartig.

Und jetzt? Ach ja, Spektrum, Rotverschiebung und Distanz.

Jetzt muß man wissen, daß Quasarspektren auf den ersten Blick alle gleich aussehen.  https://arxiv.org/abs/astro-ph/0105231  Immer die selben breiten Emissionslinien von hochionisiertem Magnesium und Kohlenstoff, Sauerstoff und natürlich Wasserstoff (Ly-alpha, H-alpha).

Die Linienverbreiterung  wird durch den Dopplereffekt hervorgerufen. Es gibt eine große Geschwindigkeitsdispersion im ultraheißen, einwärtsströmenden Gas.

Composite Quasar Spectra From the Sloan Digital Sky Survey, Daniel E. Vanden Berk et. al. 2001
Composite Quasar Spectra From the Sloan Digital Sky Survey, Daniel E. Vanden Berk et. al. 2001
Spektrum des Twin Quasars, SDSS.
Spektrum des Twin Quasars, SDSS.

 

Zoom aus der obigen Abb. Der Mauszeiger war auf der Linie C III] 1908 positioniert. 1908 Angström ist die Wellenlänge der Lline im Laborsystem, d.h. wenn Beobachter und Strahlungsquelle zu einander in Ruhe wären. Wir lesen aber 4602.6 Angström ab. Hier steckt die Rotverschiebung, bedingt durch die Expansion des Universums.

Wenn die Zahlen an den Linien nicht dranstünden, hätten wir ein Problem: Leider nicht zu identifizieren?

stimmt, aber wir haben ja die um 1+z ins Rote verschobenen Linien gemessen.

Dieses Problem wurde durch Maarten Schmidt am Anfang der 1960ger Jahre gelöst. Bis in die 1970ger blieb die wahe Natur der Quasare ein Rätsel. Unvorstellbare Entfernungen, unvorstellbare Energiefreisetzung. BIS ZU ZWEI ERDEN PRO SEKUNDE FRISST SO EIN MONSTER !!! Die Effizienz der Energiefreisetzung ist bei keinem Prozess höher, als bei der Akkretion auf ein Schwarzes Loch.

Weiter im Text. Wenn wir finden, daß die 6776.4 Linie der 2811.8 von Mg II entspricht, bilden wird das Verhältnis der Werte. Am Ende muß bei allen richtig identifizierten Linien derselbe Wert rauskommen, sonst stimmt was nicht.

6776.4 / 2811.8 = 2.41 das ist die  MgII-Linie
4602.6 / 1914.2  = 2.40 das ist die  CIII]-Linie
3741.1 / 1552.3 = 2.41  und das die von CIV jeweils im Ruhesystem.

Zum Schluß: z=1.41 entspricht einer Zeit von  9.173 Milliarden Jahren, die das Licht zu uns brauchte (Light travel time).

 

 

Ich habe zum Twin Quasar ein neues Video bei youtube…

https://www.youtube.com/channel/UCiXB12SKmXqB5uT0t9qdtjA/featured

 

Mehr zum Thema Quasare:

 

MRK 231 – Quasar und Hostgalaxie

3C273 – der berühmteste Quasar im Universum

OJ287 – Monster im Sternbild Krebs