Q0957+561 heißt die im Jahr 1979 zuerst entdeckte Gravitationslinse in Ursa Major. Ich möchte hier einmal zeigen, wie man sich von solch einem Objekt ein Spektrum besorgt und dann die Rotverschiebung ermittelt.
Hier ein HST-Bild aus neuerer Zeit. Irre was da alles zu sehen ist.
Los gehts, die Koordinaten besorgen wir uns bei Wikipedia:
Rektaszension 10h 01m 20.99s Deklination +55° 53′ 56.5. Mit dem Taschenrechner verwandeln wir die in dezimale Gradzahlen, das gibt: 150.3375 und 55.8990. So vorbereitet gehen wir bein SDSS auf die Seite:
http://skyserver.sdss.org/dr13/en/tools/started/startedhome.aspx#list
und zwar ganz ans Ende, wo wir auf “Cross-ID” klicken. Vorher sollte man sich aber die Seite ansehen und die zahlreichen anderen Möglichkeiten studieren, die man hier gelistet sieht.
Eine neue Seite erscheint und wir klicken auf die Felder wie im folgenden Bild gezeigt.
unter “Cut and paste your upload list here” tragen wir die oben ermittelten Koordinaten für den Twin-Quasar ein (siehe Bild) und klicken dann auf “submit”. Auf der nächsten Seite ebenfalls.
Eine neue Seite zeigt dann genau ein gefundenes Objekt, welches, man glaubt es kaum, auch schon als QSO mit der Rotverschiebung z=1.41654 gelistet wird.
Da wir auf der vorherigen Seite “Spectra” angeklickt hatten, dürfen wir nun in der letzten Zeile rechts auf den blauen, nach unten zeigenden Pfeil klicken und erhalten das Spektrum als fits-Datei zum Download angeboten.
das sind nur ein paar Kilobytes. Wer jetzt im Download-Ordner die Datei öffnen will, erlebt, daß die Fits-Welt kompliziert ist. Wir haben hier kein Bild, was man ja normalerweise bei einem Fits vermutet, sondern eine kompliziert verpackte Sammlung von drei Tabellen. Die normale Astrosoftware kann damit nichts anfangen. Wir benutzen dafür topcat. (Da es java ist, läuft es unter allen Betriebssystemen). Nachdem es gestartet wurde, laden wir mit File -> Load Table unsere fits-Tabellen.
Die erste enthält das Spektrum. Um es sichtbar zu machen, klicken wir auf das kleine weiße Quadrat unter “Interop”. Ein etwas seltsames Spektrum erscheint. Wir müssen noch die x- und die y-Achse vertauschen, damit es normal aussieht. Die x-Achse zeigt dann die Wellenlänge in Angström (allerdings logarithmiert) die y-Achse den nicht näher bezeichneten Flux.
Und jetzt? Jetzt muß man wissen, daß Quasarspektren auf den ersten Blick alle gleich aussehen. https://arxiv.org/abs/astro-ph/0105231 Immer die selben breiten Emissionslinien von hochionisiertem Magnesium und Kohlenstoff, Sauerstoff und natürlich Wasserstoff (Ly-alpha, H-alpha).
Uns gelingt es jetzt mit etwas Mühe die drei prominenten Emissionslinien zu identifizieren. Fangen wir mit der mittleren an. In topcat messen wir 3.831 als logarithmischen x-Wert. Als Zehnerpotenz gibt das 6776.4 Angström. die Nächste ergibt 3.664 also 4613.2 Angström und die ganz linke Linie liegt bei 3741.1 Angström.
Leider nicht zu identifizieren?
stimmt, aber wir haben ja die um 1+z ins Rote verschobenen Linien gemessen. Wenn wir vermuten, das die 6776.4 Linie der 2811.8 entspricht, bilden wird das Verhältnis. Am Ende muß bei allen richtig identifizierten Linien derselbe Wert rauskommen, sonst stimmt was nicht.
6776.4 / 2811.8 = 2.41 das ist die MgII-Linie
4613.2 / 1914.2 = 2.41 das ist die CIII]-Linie
3741.1 / 1552.3 = 2.41 und das die von CIV jeweils im Ruhesystem.
Zum Schluß: z=1.41 entspricht einer Zeit von 9.173 Milliarden Jahren, die das Licht zu uns brauchte.
Wie immer gilt: Alles wäre nicht so schwer, wenn es etwas leichter wär. Tatsächlich kann man es einfacher haben, wie die folgenden Beispiele von ein paar “neueren” schönen Gravitationslinsen mit Spektren zeigen:
http://cas.sdss.org/astro/en/tools/explore/obj.asp?ra=193.578960&dec=+22.593500
http://cas.sdss.org/astro/en/tools/explore/obj.asp?ra=210.053220&dec=+31.581700
http://cas.sdss.org/astro/en/tools/explore/obj.asp?ra=194.580190&dec=+16.954910
mehr in: Five New High-Redshift Quasar Lenses from the Sloan Digital Sky Survey
http://cas.sdss.org/astro/en/tools/explor/obj.asp?id=588017726004396138
mehr in: The triple quasar Q1115+080A, B, C – A quintuple gravitational lens image
PG 1115+080 A gravitational cloverleaf Hazard, et al 1984, ApJ, 282
Das es noch einfacher geht zeig ich im nächsten Beitrag über Python und Astroquery.