Justage die Zweite …

Das Wetter blieb schlecht und so wuchs der Wunsch irgendwo dran zu drehen, um Klarheit zu gewinnen.

Wenn justieren nicht hilft, ist insbesondere der Astigmatismus gefährlich. Er könnte wie bei einem Brillenglas in die Opik eingeschliffen sein (ungewollt, worst case) oder durch Verspannung eines Spiegels hervorgerufen werden.

Was tut ein Physiker, wenn er so nicht weiterkommt? Er macht ein Modell. In diesem Fall wollte ich die häßlichen Sternbildchen so gut wie möglich verstehen. Für anstehende Experimente dieser Art gibt es hervorragende Software zum download, die in der Lage ist solche Probleme zu studieren: Synopsys. (unbedingt ansehen)

Deformierter Stern in Synopsis bei verspanntem Sekundärspiegel
Deformierter Stern in Synopsis, wie ihn ein RC zeigt, dessen Fangspiegel zu stramm eingebaut ist.

Zugegeben, der Umgang damit ist eine Größenordnung komplizierter als beispielsweise mit dem gefürchteten Photoshop, aber was solls. Es gelang mir die realen Sternbildchen über einen in der Software “verspannten” Sekundärspiegel zu simulieren. (Das macht man über die für Astigmatismus zuständigen Zernike-Koeffizienten.)

Also der Sekundärspiegel!? Ist jedenfalls leichter auszubauen als der Hautspiegel. Hab ich dann gemacht und die ganze Einheit zerlegt. Der Spiegel ist an drei Stellen auf eine Ring geklebt, der ein äußeres Gewinde trägt. Damit wird das Ganze in der zylindrischen Sekundärspiegelhalterung, entlang der optischen Achse verstellbar eingeschraubt. Hier war es bis zum Anschlag gedreht, d.h. der Spiegel wurde auf eine Ring gedrückt, der ihn im Notfall am Herausfallen hindern soll.

Da war die Ursache der kaputten Sterne!!!

Ich hab es 1,5 Umdrehungen zurückgeschraubt, alles wieder eingebaut, neu justiert und zwei Tage später konnte ich es testen – 18.3.2016.

Fast perfekt!

First light am 18.3.2016 - der Kugelsternhaufen M3
First light am 18.3.2016 – freundliche Sterne im Kugelsternhaufen M3

M3 enthält fast 300 RR Lyrae Sterne. Was da alles blinkt, kann man hier sehen:

http://www.astro.princeton.edu/~jhartman/M3_movies.html

und hier gibt es einen Katalog von Christine Klement oder den bei VizieR

Mal eine kleine abschätzende Rechnung, die nicht jeder mitmachen muß.

Wenn man die unter dem Link gezeigte 2. Animation in Photoshop lädt, bekommt man vier Einzelbilder, in denen die blinkenden Sterne verschiedene scheinbare Helligkeiten haben. Ich habe mal einige gemessen und komme auf m = 15.6. Unter der Annahme, dass es sich um RR Lyrae Sterne handelt, die eine absolute Helligkeit von M = 0.5 – 1.0 haben, läßt sich die Entfernung zu M3 einfach berechnen:

m – M = -2.5 lg ( d / 10 pc)**2 = -5 lg (d / 10 pc)

15.6 – 0.7 = 14.9;    14.9 / -5 = -2.98;  10**2.98 = d / 10;   also d = 9550 pc = 31133 Lichtjahre. Wikipedia gibt für die Distanz 33900 Lichtjahre und einen Winkeldurchmesser von 18′ was einem Durchmesser von 2 * 33900 * (9/60) * pi / 180 = 177.5 Lichtjahren entspricht.

M3 wird mit einer visuellen Helligkeit mv = 6.2 angegeben. Angenommen, seine Sterne entsprächen unserer Sonne, dh. Masse M = 2*10**33 g, absolute Leuchtkraft M = 4.7 mag, dann kann man die Zahl der Sterne und die Masse des Kugelsternhaufens abschätzen. Hat der Haufen N Sterne der absoluten Helligkeit M1, so ergibt sich die Gesamthelligkeit M aus:

M – M1 = -2.5 lg N

6.2 – 14.9 – 4.7 = -13.4;     -13.4 = -2.5 lg N     ->     N = 229086 Sterne,

N * 2 * 10**33 g = 4.6 * 10**38 g.

Natürlich bleibt das Wetter weiterhin schlecht, so wird es also nix in dieser Galaxien-Saison.